Tena

Wie schon im letzten Beitrag angekündigt, führte unser Weg nach Tena, der Hauptstadt für Wildwasser-Rafting in Ecuador. Gleich am Tag der Ankunft buchten wir einen Zwei-Tages-Trip durch den Dschungel, der am nächsten Tag starten sollte. Zu dem Zeitpunkt hieß es noch wir wären wieder mal alleine mit den Guides, nicht weil wir eine Woche nicht geduscht hatten und deswegen keiner Lust auf uns hatte, sondern einfach weil hier im Moment fast keine Touristen sind. Am nächsten Morgen kam aber doch noch ein Deutsch-französisches Pärchen und eine Schweitzerin zum verabredeten Treffpunkt. Das Pärchen wartete schon seit zwei Wochen darauf, dass jemand so geisteskrank ist die Tour auf dem Rio Jondachi, Rio Hollin und Rio Misahualli und zu machen und sie sich anschließen konnten. Beim Raften werden die Flüsse in Klassen unterteilt, Klasse 1 ist am leichtesten zu befahren, Klasse 6 am Schwierigsten und diese kann auch nur noch mit dem Kajak befahren werden. Der Rio Jondachi mündet in den Rio Hollin und sie sind beide Klasse 4 bis 4+. Anschließend fließt der Rio Hollin in den Rio Misahualli, verläuft in einem engen Canyon und wird deswegen zu einem Fluss Klasse 5. Ich bin ja schonmal Klasse 3 gefahren, hatte aber keinerlei Vorstellung wie groß die Unterschiede sind. Für Jannis war es die erste White-Water-Tour.

Zuerst wurden wir in den Dschungel gefahren und mussten noch eine Stunde durch den Morast zu unserem Fluss laufen, aber das war ja auch schon ein Erlebnis. Am Fluss angekommen, bekamen wir noch eine kurze Sicherheitsunterweisung und los gings.
Alleine für die Umgebung hat sich der Ausflug gelohnt! Wir fuhren nämlich durch einen Urwald-Canyon, heißt links und rechts des Flusses ragten meterhoch Felsen mit Urwald-Bewuchs in die Höhe, ab und zu kam ein Wasserfall runter und Lianen hingen bis ins Wasser. Das war einfach nur Wunder-wunderschön! ? Der Fluss an sich war ziemlich garstig, nach fünf Minuten ging ich das erste Mal über Bord und hatte ziemlich Schiss, dass es mich unter Wasser drückt. Aber man hievte mich recht schnell wieder ins Boot und weiter gings. Die Wellen waren teilweise so hoch, dass man auf einer Seite in der Luft paddelte und es kam wie es kommen musste… Wir knallten an einen Stein, das Wasser drückte das Boot auf einer Seite runter und es überschlug sich. Ich sah noch den Schatten des Bootes, wie es über mir aufschlug, verlor völlig die Orientierung und bekam die blanke Panik. Dank der Schwimmweste kam man aber bald wieder an die Oberfläche und versuchte sich an Bord zu retten. Durst hatten wir den Rest des Tages dann komischerweise nicht mehr ? Man hatte sich kaum vom Schock erholt, da kam auch schon die nächste Hürde: Ein Baum war umgestürzt und hing ins Wasser. Unser Guide brüllte noch “Inside, Inside!” und wir kauerten uns alle ins Boot, reflexartig Gesicht nach unten, sodass wie durch ein Wunder nur unsere Helme verkratzt wurden. Nachdem wir dann fast noch einmal gekentert sind, gab es erstmal Lunch. Kurz aufatmen und weiter ging die lustige Fahrt. Es war nun auch noch ein Gewitter aufgezogen, was die gefährliche Stimmung untermalte. Der Nachmittag verlief dann aber ohne weitere Zwischenfälle und wir kamen fix und fertig, aber glücklich im Camp an. Na ja besser gesagt was unser Camp sein sollte. Wir mussten noch zwei Stunden in unseren nassen Klamotten und bei Regen warten bis der Fahrer kam und unsere Zelte endlich standen. Auch bei 30 Grad ist einem dann irgendwann kalt.. Nach dem Abendessen stellten die Guides dann auch noch fest, dass ihr Zelt kaputt war und sie entweder bei uns im Zelt schlafen müssten oder nach Hause fahren. So kam es, dass wir ollen Touris dann alleine mitten im Dschungel übernachteten ? Wie laut es da nachts ist! Ich dachte in der Ferne ist eine Baustelle, auf der ein Bulldozer fährt. Aber man sagte mir, das wäre eine Riesen-Unke. Ein Gezirpe, Gequake und was weiß ich noch die ganze Nacht.

Dies schrieb ich nach unserem ersten Tag nachts im Zelt. Ich machte die ganze Nacht kein Auge zu, da sich mein Gehirn mit dem vergangenen Tag beschäftigte und mit dem, der folgen sollte. Wenn die Wasserhöhe über Nacht nicht ansteigen sollte, würden wir am nächsten Morgen dem Flusslauf weiter folgen, der sich dann in eine Klasse 5 verwandelt. Da der Unterschied zwischen Klasse 3 und 4 schon krass war, mochte ich mir das gar nicht vorstellen.

Leider schwoll der Fluss über Nacht nicht an und wir setzten unseren Weg am nächsten Tag fort.

Ich mag über den Tag nichts schreiben. Er endete damit, dass Jannis sprachlos und geschockt im Boot saß und ich nur noch geheult habe. Es war leider nicht möglich zwischendurch die Fahrt abzubrechen, da man ja mitten im Dschungel war und sich zwölf Stunden durchs Dickicht hätte kämpfen müssen, um die nächste Straße zu erreichen. Die Agentur wusste, was da auf uns zu kommt und hätte uns diesen Fluss definitiv nicht fahren lassen dürfen. Im Nachhinein erzählte man uns auch noch, dass er zu den gefährlichsten, befahrbaren Strecken der Welt gehörte und diese Fahrt nur etwa alle drei Monate verkauft wird. Was soll man dazu noch sagen..

Wir sind froh, dass wir da wieder heil und nur mit vielen blauen Flecken rausgekommen sind.

P.S. Wir haben euch ein kleines Video geschnitten. Leider kommt die Wassergewalt und die Schönheit der Umgebung wie immer nicht so ganz rüber, aber vielleicht gefällt es euch ja trotzdem.

 

Rafring in Tena YouTube play

12 thoughts on “Tena

  1. Wahh! Wie sagte Anni grad so treffend: Weltreisentortour….das Video ist natürlich toll, gemütlich am Frühstückstisch beguckt, ab und zu quietscht die Mutti, wenns brenzlig aussieht, wohl wissend, dass ihrs überlebt habt! ? welch ein Wahnsinn! Wo werden denn die ganzen Touristen samt der gekenterten luftleeren Boote angeschwemmt, die nicht so glimpflich durchgekommen sind wie ihr? ? Wahrscheinlich holt die Riesen-Unke sie…..? Sonntägliche Grüße aus Hamburg!☺

    • Moin, ich fragte auch, ob schon mal jemand gestorben ist bei der Tour und sie sagten nein. Gut, wenn sie nur vier mal im Jahr stattfindet… Andere Agenturen bieten die Strecke nicht an. Liebe Grüße

  2. Hallo ihr zwei,
    leider lässt sich das Video nicht öffnen…..ich machte so nee tour in Argentinien,
    einmal und nie wieder!!
    Aber die bilder wie immer klasse!
    oh, sabrina was bin ich “neidisch”………
    besitos

  3. Wow. Ja, was soll man dazu noch sagen, außer: schön, dass ihr noch unter uns weilt 🙂
    Klingt echt krass und sieht auch auf den Bildern/Video so aus.
    Erholt euch mal erstmal von dem Trip.

    Liebe Grüße von uns

    • Joa, wir haben so sehr die Schnauze voll vom Wasser das wir heute wieder in die Berge fahren ? das lustige ist, dass ich nie gefilmt habe wenn wir umgekippt sind. Einerseits bin ich froh darum… ? aber andererseits hätte ich gerne mal gesehen was man bei so nem Waschgang sieht. Und ich glaube das auch das nicht sooooo krass aussieht auf dem Video. Als wir das Material gesichtet haben, haben wir uns echt schlapp gelacht… bei einigen Stromschnellen war man komplett unter Wasser, auf dem Video sieht’s so aus als wenn es nur bissel gegen die Kamera spritzt ? Grüße ausm Bett

  4. Hallo ihr zwei,
    schön das es euch noch gibt und ihr alles überstanden habt. Aber ich frage mich was mit little Carlos ist?
    Habt ihr ihn im sicheren Hostel sich selbst überlassen, auf die Gefahr hin, daß jemand Appetit auf Meerschweinchen
    bekommt? Oder war er im rafting-dress hautnah dabei? Meerschweinchen können zwar schwimmen, aber niemals freiwillig 🙂
    Lg. Marion

  5. Wow, danke dass ihr sowas großartiges erlebt.
    Echt jetzt, hier sitzt man sonst nur auf der Couch und die Welt dreht sich um Terror, Wahlen und Steuererhöhungen.. Grüße aus HH

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